Premiere geglückt:
Fortbildungsreihe der Neusser Notfallseelsorge hoffnungsvoll gestartet
Volles Haus gleich bei der Premiere, konnten die Organisatoren der Notfallseelsorge im Rhein-Kreis Neuss aus den neu gestalten Räumen der Dietrich-Bonhoeffer Kirche an der Einsteinstraße melden. Dabei sah es für die Organisatoren Peter Zimmermann und Marcel Kübel bis kurz vor der Veranstaltung noch so aus, als würde der erste Termin direkt ausfallen müssen, da die vorgesehen Referentin erkrankt war.
Aber wer die Notfallseelsorge kennt und ihren Arbeitsbereich nah an Polizei, Hilfsorganisationen und Feuerwehren, der weiß auch, dass schnelle Reaktion und gute Verdrahtung oft die schnelle und richtige Rettung bringt. So war es dem Team um die evangelische Pfarrerin Angelika Ludwig und den katholischen Pfarrer Gregor Ottersbach mit Hilfe der Kontakte schnell gelungen einen Ersatzmann und ein Ersatzthema zu finden.
Und dies erwies sich für diese Auftaktveranstaltung unter der Schirmherrschaft von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke als wahrer Glücksgriff, fand sich doch mit Günter Nuth ein hervorragender Referent für das Thema „Wir sind belastet, aber wir sind nicht traumatisiert“.
Den ersten Teil hat der in Meerbusch wohnhafte ehemalige Brandamtsrat der Feuerwehr Düsseldorf, der als Fachberater für Psychotraumatologie unterwegs ist, unter das Motto „Mut-Machen für Einsatzkräfte“ gestellt. In ausführlichen und für die Teilnehmer immer wieder selbsterfahrenden Fragen und Überlegungen näherte er sich dem Thema, dass in der Öffentlichkeit an Bedeutung zugenommen hat. Nicht mehr jedes Ereignis im Rettungsdienst und Feuerwehreinsatz mit Toten oder schwer Verletzten wird von den „harten Rettern“ problemlos weggesteckt. Manchmal hilft zur Bearbeitung ein Gespräch, manchmal eine Berührung, manchmal auch der Weg zurück an die Einsatzstelle, um das Erlebte erlebbar zu machen und nicht davon erdrückt zu werden.
Erleuchtend für die vielen Teilnehmer der Hilfsorganisationen und Feuerwehren, der Seelsorge und Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegediensten waren die kleinen Hinweise und die mit dem Plenum durchgeführten Tests. Galt es doch anhand kurzer Filme festzustellen, dass die Perspektive und das selektive Sehen einen großen Einfluss auf die Betroffenheit haben und vor Allem, dass es gar nicht die Bilder der Toten und Verletzten sind, die sich „einbrennen“ sondern oft eher unwichtig erscheinende Randerscheinungen wie der Aufdruck eines T-Shirts, die Farbe und Form von am Einsatzort stehenden oder liegenden Schuhen oder auch Geräusche und Gerüche.
Trotz all der belastenden Szenen, die für Laien meist als übermäßig für einen Einzelnen erscheinen, kann die Einsatzkraft diese gut verkraften. Auch dazu gab Günter Nuth einige Tipps wie und wann man sich seine eigene Sicherheit und Festigkeit schaffen kann. Letztlich gab er noch einen Hinweis, bei allem immer auch das entsprechende Maß im Auge zu behalten und kam damit auf das Motto zurück. Nur selten sind Einsatzkräfte so traumatisiert, dass eine umfangreiche Betreuung aufgrund krankhafter Erscheinungen erfolgen muss – in vielen Fällen ist die Belastung da, kann aber durch eigene Methoden im Umgang, in Gesprächen mit Familie und Kollegen bewältigt werden. Auch die Notfallseelsorge kann hier zum Einsatz kommen, wobei sie vielmehr in der Betreuung Angehöriger von Betroffenen oder Zeugen zum Einsatz kommt.
München, Bad Aibling, Nizza war der zweite Teil des Abends überschrieben. Hierunter verbargen sich große Einsätze der letzten Monate mit mehreren Verletzten, Toten und häufig unübersichtlichen Lagen. Hier kommen PSNV-Teams zum Einsatz, die die psychosoziale Betreuung von Betroffenen und Einsatzkräften sicher stellen sollen. Günter Nuth ging in diesem Teil des Vortrages nicht nur auf die eigentliche Arbeit der Gruppen ein, sondern zeigte die notwendigen organisatorischen Überlegungen in einem solchen Einsatz auf.
Wie viele PSNV-Helfer sind erforderlich, wie kommen diese zur Einsatzstelle, wie sind sie erkennbar, waren nur einige der Startfragen. Für die Seelsorger selber und ihre Assistenten gab er dann noch einen Einblick in die Optiken an Einsatzstellen von der Bedeutung der Westenfarbe bis hin zu den Organisationsemblemen und den in Unterlagen immer wieder zu findenden Abkürzungen, die vor Allem in der Großschadenabwehr bekannt sind.
Wie sind auf einem guten Weg mit OPEN-Teams, PSNV und Notfallseelsorge, zog der Referent das Resümee, aber vor Allem für die ganz großen Einsätze muss noch an der weiteren Etablierung dieser wichtigen Komponente in der Notfallversorgung gearbeitet werden und die Integration in die etablierten Strukturen erfolgen.
Begeistert von dieser Fortbildung und mit vielen neuen Aspekten und Hilfen ausgestattet verließen die über neunzig Teilnehmer nach fast vier Stunden die Kirche nicht ohne das Versprechen der Verantwortlichen der Neusser Notfallseelsorge, die mit dieser Veranstaltung gestartete Fortbildungsreihe in jedem Fall fort zu setzen.
Text: Dieter Guderley
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